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316 Tage...

Aktualisiert: 2. Feb. 2021

Vor genau 316 Tagen, am 16. März 2020, ging Deutschland in den ersten Lockdown. Heute ist der 26. Januar 2021.

Wir sind seit dem 01.11.2020 wieder im Lockdown.


Seit 316 Tagen konnte ich als freiberufliche Sängerin nicht mehr arbeiten, also KEIN GE

LD verdienen, denn alle Veranstaltungen bei denen ich normalerweise auftrete sind verboten bzw. wegen der unwirtschaftlichen Umstände abgesagt worden.


Seit 316 Tagen bekommt meine Tochter minimal Beschulung auf den unterschiedlichsten Wegen. Online, über 3 verschiedene Apps / Anwendungen. Im Präsenzunterricht mit Maske, offenem Fenster, Wolldecken, Hüpfen und Klatschen.



Seit 316 Tagen fährt mein Mann täglich in vollgestopften öffentlichen Verkehrsmitteln hin- und zurück ins Büro, unterbrochen von ein paar Home Office Tagen. Übrigens, mein Mann gehört als Asthmatiker zur Risikogruppe.


Die meisten von uns tragen seit Monaten mehr oder weniger anstandslos zuerst Mund-Nasen-Schutz und jetzt medizinische bzw. FFP2 Masken. Wir waschen und desinfizieren unsere Hände wie bekloppt und achten auf Distanz.


Wir haben unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und halten bei den wenigen gebliebenen Kontakten den gebotenen Abstand.


Großeltern vereinsamen im Heim oder vermissen schlicht ihre Kinder und Enkelkinder und herzliche Umarmungen.

Meine Tochter hat ihre Großeltern in dieser Zeit nur drei mal gesehen und ihr Tante, Onkel und Cousinen nur einmal.

Eltern zerreissen sich zwischen Job und Kinderbetreuung / Homeschooling.

Singles vereinsamen vor Netflix.



Inzwischen sind in Deutschland über 50.000 Menschen an oder mit dem Virus gestorben.

50.000 Menschen die vermisst werden. 50.000 Menschen die einsam gestorben sind. Mütter, Väter, Großeltern, Onkel, Tanten, Brüder, Schwestern… Jede/r von ihnen ist eine/r zu viel.


Es tun sich Kluften auf zwischen...

...denen, die "systemrelevant" sind, also die betreuenden, pflegenden und heilenden Berufe und denen die uns mit Lebensnotwendigem versorgen.

...denen, die aus der Krise profitieren oder einfach wie vorher weitermachen können.


...und denen, die jetzt gerade einfach nicht gebraucht werden, nicht "systemrelevant" sind. All die, die für unsere Zerstreuung unsere Unterhaltung sorgen. Die Restaurants, Bars, Clubs, Konzerthäuser- und hallen, Theater, Zoos, usw. Die Schausteller, Künstler, Veranstalter und alle Gewerke die da dran hängen.


Die meisten von uns halten sich an die Vorschriften. Wir tragen den Mund-Nase-Schutz, die medizinische Maske ohne großes Murren, halten Abstand und verzichten auf all das was sonst Balsam für die Seele ist, menschliche Kontakte, Nähe und Unterhaltung.



Ich gehöre zu denen, die die Maßnahmen seit 316 Tagen, entgegen aller persönlichen Abstriche und Bedürfnisse, mittragen.

Ich bin keine Verschwörungstheoretikerin.

Ich zweifle nicht an der Existenz des Virus und seiner Mutante. Ich möchte unsere Alten und Gefährdeten schützen.

Ich zweifele nicht am guten Willen unserer Regierung.


ABER….

Wenn ich unserer Regierung jetzt ein Zeugnis ausstellen müsste, dann würde ich wohl diesen einen Satz schreiben:


SIE WAREN STETS BEMÜHT


Erschien uns der erste Lockdown noch als vorausschauendes Handeln und zeugte von scheinbarer Kompetenz und guter Beratung durch Fachleute, so zeigte sich unsere Regierung im Laufe der Zeit eher hilflos reagierend denn agierend.


Sei es das unsägliche Hin- und Her Maske / Mund-Nasenschutz ja oder nein. Die Dauerbaustelle und nur von einem Bruchteil der Bevölkerung brauchbare Corona Warn App, in Auftrag gegeben bei einer Firma die ihre Glanzzeiten längst hinter sich hat und inzwischen von unzähligen jungen, innovativen Unternehmen überholt wurde.


Grenzen auf. Grenzen zu. Grenzen zu den Ferien wieder auf. Reisen nein. Reisen ja. Reisen auf eigenes Risiko.

Testen nein. Testen ja. Testen auf eigene Kosten.


Beim Bildungsauftrag sind die Folgen des offensichtlichen Vollversagens noch gar nicht abseh- aber schon längst erahnbar. Man ließ den ersten Lockdown ohne griffige Konzepte für den Wiedereinstieg in die Schule ungenutzt verstreichen, improvisierte in jedem Bundesland ein bißchen anders aber nicht weniger hilflos vor sich hin bis zu den erlösenden Sommerferien, um danach immer noch konzeptlos zu sein.


Es etablierten sich Begriffe wie „systemrelevant“, die mehr als nur einen üblen

Beigeschmack haben. In einer funktionierenden, sozialen Gesellschaft ist jeder relevant! Ganz zu schweigen von der "neuen Normalität".


Alle paar Wochen verabschieden Frau Merkel und die Ministerpräsidenten ohne vorherige Rücksprache mit dem Parlament ihre neuen, angepassten Strategien. So weit, so gut. Oder vielleicht nicht?!

Beweisen sie noch in der Pressekonferenz zur Ministerpräsidentenrunde Einigkeit, so wird diese durch die kurz darauf folgenden PKs der einzelnen Ministerpräsidenten und ihre, dem Föderalismus gedankten, eigenen Wege wieder zunichte gemacht. Schlimmer noch. Inzwischen blickt niemand mehr durch wo gerade welche Regeln gelten. Ich habe dafür eine App, die "Darf ich das?" App.


Ich möchte hier keine Missverständnisse aufkommen lassen. Diese Situation ist für uns alle, natürlich auch für unsere Regierung, neu und ein gefährlicher Virus, eine Pandemie, wird nicht mit Bedienungsanleitung und auch nicht gleich mit passendem Impfstoff und Gegenmittel geliefert.

Es ist mir klar, daß man auf die aktuellen Geschehnisse reagieren muss und nicht alle Entscheidungen gleich der goldene Weg sind.

Ich finde es gut, daß unsere Regierung sich bezüglich des Virus und der Maßnahmen von qualifizierten Virologen beraten lässt. Aber warum hat sich die Regierung nicht bei den unzähligen aus den Maßnahmen resultierenden Folgen ebenso von Fachleuten beraten lassen sondern nur nach Gutdünken mit der sprichwörtlichen Stange im Nebel gestochert und somit unzählige, zum Teil heftigste Kollateralschäden in Kauf genommen?



Es ist toll, daß es das Kurzarbeitergeld gibt. Diese Maßnahme hat mit Sicherheit viele Arbeitsplätze gerettet.


Über diverse schnell, vielleicht vorschnell, gezahlte Hilfsgelder an alt eingesessene Prestige Unternehmen die diese dann als Dividenden ausgeschüttet und trotzdem tausende Mitarbeiter entlassen haben, möchte ich mich jetzt hier nicht weiter auslassen.


Soforthilfe, Überbrückungshilfe, November- u. Dezemberhilfe, Neustarthilfe… Alles toll klingende Hilfen, sicher gut gemeint, aber in unzähligen Fällen komplett am Ziel vorbei geschossen. Nachträglich zu Ungunsten der Empfänger veränderte Konditionen die aus Hilfsbedürftigen im Nu Subventionsbetrüger machen. Es wurde ein unfassbares Bürokratiemonster geschaffen in dessen Dickicht sogar erfahrene Steuerberater den Überblick verlieren.


Apropos Überblick verlieren… In vielen Gesundheitsämtern wird noch immer mit handschriftlichen Notizen und Fax gearbeitet. Bei solchen technischen Voraussetzungen bezweifle ich wirklich sehr ob es hilft die Inzidenz auf 50 runter zu bekommen um der Lage wieder Herr zu werden.


Meine ernüchternde Zwischenbilanz:


Deutschland blamiert sich gerade bis auf die Knochen. Ein einst strahlender Wirtschaftsstandort, mit einst klugen innovativen Köpfen. Ehemals Garant für Wertarbeit und weltweit bewundert, wird zur Lachnummer.


Diese Krise zeigt schmerzlich wie weit sich Deutschland hat abhängen lassen.

Arbeitswelt, Schule und Digitalisierung hängen Jahrzehnte hinterher.

Mit unerträglicher Arroganz wurde nahezu jede Innovation zugunsten alter Seilschaften konsequent verschlafen. Betrachtet man die Digitalisierung der Behörden, könnten einem die Tränen kommen. Von Vernetzung untereinander ganz zu schweigen.


Arbeit wird noch immer mehr an Anwesenheit denn an Produktivität gemessen. Kontrollzwang verhindert Fortschritt und Flexibilität.

Schule wird weiter als starre Frontbeschallung mit tonnenschweren Tornistern in muffigen Klassenzimmern mit kopierten Arbeitsblättern und Kreidetafel durchgezogen. WLAN, iPad & Co. sind so rar wie Einhörner.


Die Angst um die eigenen Daten sitzt bei vielen so tief, dass die Nutzung der Corona Warn App, würde es die Software auf dem alten Handy dann zulassen, abgelehnt wird. Für Payback, Facebook & Co. werden die Daten aber gerne großzügig hergegeben.


Jetzt, in der Krise, bringt uns die weltweit geschätzte deutsche Tugend der Genauigkeit, ja der Detailverliebtheit und Verlässlichkeit, zum Straucheln. "Never change a running system" gilt in der Krise nicht unbedingt.

Flexibilität ist wichtig. Wichtig als Regierung und als Bürger.



Aus meiner Sicht wird es Zeit für einen Wechsel. Einen Wechsel der Regierung weil zu langes Regieren blind und bequem macht. Glücklicherweise stehen ja Wahlen an.

Es muss sich aber auch viel in den Chefetagen den Kultusministerien, ja Behörden ändern.


Wir brauchen umfassende Digitalisierung.

Tatsächliche Querdenker im besten Sinne, nicht diese unsäglichen Verschwörungstheoretiker und Schwurbler. Nein, QuerDENKER, die innovative Wege für Arbeits- und Lebensmodelle aufzeigen und ermöglichen.

WIR müssen zuhören und nicht zu stolz oder überheblich sein um Rat zu fragen.


WIR müssen die in unsere Entscheidungen einbinden, die mit deren Konsequenzen leben müssen. Unsere Kinder, die ein Recht auf Zukunft haben.


Das musste mal raus ;-)


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